Plattform für das Leben Vorarlberg
1 May 2021

Anonyme Geburt senkt Kindstötungen

Foto: Privat

Mit ungewollt schwangeren Frauen, die nach einem "Aus"-Weg suchen, haben wir in unserer Arbeit täglich zu tun. Leider ist der Zugang zu Abtreibung extrem niederschwellig geworden. In den über 45 Jahren der gesetzlich erlaubten Fristentötung ist die vorgeburtliche Kindstötung bis zum 3. Schwangerschaftsmonat in den Köpfen vieler Menschen längst zu einem Recht geworden. Nicht selten sind in diesem Zusammenhang leicht dahergesagte Worte zu hören, wie: "Sie soll halt ihr Kind zur Adoption geben, wenn sie es nicht selber aufziehen kann". Wer kann das Gefühls-Chaos erahnen, was es für eine Frau bedeutet, ungewollt schwanger zu sein, 9 Monate ein Baby in sich zu tragen, das Strampeln eines Babys zu spüren, das sie dann hergeben wird? Entscheidet sich dennoch eine Frau für die Option "Adoption", ist das Unterdrücken von Empfindungen gegenüber dem Baby und das Versteckenspielen für Frauen eine absolute Grenzerfahrung.

Und dennoch: Adoption ist auf jeden Fall der richtige Weg, im Gegensatz zur Abtreibung. Weil Abtreibung keine Lösung ist.

Mit der Möglichkeit anonym zu gebären, wurde im Jahr 2001 ein Meilenstein gelegt. Frauen können unter medizinischer und psychologischer Betreuung in allen österreichischen Krankenhäusern mit Gynäkologie sicher gebären.

Natalie Bayer-Metzler von der Plattform Leben Vorarlberg berichtet uns von ihren Erfahrungen. Sie ist derzeit mit einer schwangeren Frau in Kontakt, die sich auf eine Anonyme Geburt vorbereitet. Außer einem Pseudonym ist von der Schwangeren keine Identität bekannt. "Aber das ist bei uns nicht wichtig. In unserer Arbeit ist vordringlich, dass Frauen in dieser Ausnahmesituation jemanden zum Reden haben und Ratschläge erhalten können."

Im Laufe der Jahre gab es immer wieder Anfragen von Frauen, die sich für eine Anonyme Geburt mit Weitergabe zur Adoption entschieden haben.

"In den meisten Fällen haben die Frauen erst zu einem fortgeschrittenen Zeitpunkt ihre Schwangerschaft festgestellt. Bei manchen mag das damit zusammenhängen, dass sie verdrängen wollten, nach dem Motto: "Was nicht sein darf, kann nicht sein." Zweifelsohne wurde dadurch schon zahlreichen Kindern das Leben gerettet. Vermutlich melden sich immer wieder Frauen bei unserer Helpline in diesem Anliegen, weil unser Beratungsangebot niederschwellig und von Anfang an anonym gestaltet ist. Die Betroffenen benötigen ein Gegenüber, jemanden, der zuhört und sich in rechtlichen Belangen auskennt. Im Laufe der Jahre konnten wir uns durch unsere Gespräche mit Betroffenen verstärkt Kenntnisse aneignen. Wir arbeiten mit Behörden zusammen, was den Frauen auf unbürokratische Weise zugutekommt."

Seit Einführung der Anonymen Geburt im Jahr 2001 gab es eine deutliche Reduktion der Neugeborenentötungen.

Die Möglichkeit, Anonyme Geburten durchzuführen, und auch das Angebot an Babyfenstern, "Babyklappen", wie sie in Österreich genannt werden, haben dazu beigetragen.

Natalie Bayer-Metzler berichtet: "Die Frau, mit der ich aktuell in Kontakt bin, zählt bereits die Tage bis zur Geburt. Sie hält sich versteckt vor ihrem Umfeld. Niemand dürfe bemerken, dass sie schwanger ist, sagt die junge Frau. Immer wieder erwähnt sie, dass sie sich als Rabenmutter fühle, weil sie ihr Baby hergeben möchte. Die junge Frau hat bereits ein Kind und traut sich nicht zu, ein weiteres allein aufzuziehen. Dem Umstand, bis zum fünften Monat die Schwangerschaft nicht bemerkt zu haben, ist zu verdanken, dass das Baby leben darf. Sie gibt ehrlich zu, sie hätte es sonst abgetrieben. Ihren Entschluss, "ihr" Baby an Adoptiveltern weiterzugeben, hat sie gefasst und bereits dem Baby einen Brief geschrieben. "Leg dem Brief noch eine Haarlocke von dir bei", habe ich ihr geraten. Es ist für das Kind später einmal ganz wichtig, dass es etwas Persönliches von seiner leiblichen Mama hat. Der Kaiserschnitt-Termin ist fixiert. Im Krankenhaus wissen sie bereits, dass bald eine "Anonyme" kommt. Obwohl die Schwangere große Angst vor einer Narkose hat, möchte sie einen Kaiserschnitt in Vollnarkose, um nichts mitzubekommen und um das Baby nicht sehen zu müssen. Sie fürchtet, dass sie es dann nicht schaffen könne, das Baby wegzugeben. Berührend ist stets das Wahrnehmen, wie es den Frauen wichtig ist, dass es ihre Babys im Leben mit ihren neuen Familien gut treffen."

Manchmal kommt es im Leben anders als geplant!

Bereits öfters durften wir in ähnlichen Situationen Frauen begleiten. Weil es im Leben manchmal anders kommt als geplant, haben wir schon zahlreiche Überraschungen erlebt. Eine andere Frau, die sich im vergangenen Herbst anfänglich ebenfalls für eine Anonyme Geburt entschieden hatte, hielt in der zweiten Nacht nach der Entbindung im Krankenhaus den Gedanken nicht mehr aus, dass ihr Baby ein paar Zimmer weiter liegt. Sie holte ihr Baby zu sich. Seither sind Mutter und Kind glücklich vereint. Die netten Babyfotos, die sie immer wieder zuschickt, zeugen von der Wandlung ihres Herzens und von ihrem Mutterglück.

Einem Kind das Leben zu schenken ist das Wertvollste, was eine Mutter geben kann. Aus diesem Grund sind Frauen, die ihre Babys zur Adoption freigeben, keine Rabenmütter, sondern wahre Heldinnen des Lebens! Deshalb unterstützen wir nach Kräften schwangere Frauen in Ausnahmesituationen.


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Am 29.4.2021 um 21:05 Uhr - Sendung mit dem Titel "Weggelegt" in der Reihe Am Schauplatz bei ORF 2 in der TVthek nachzusehen bis Donnerstag, 6.5.2021:

"Die Statistik zeigt: jährlich werden in Österreich ein bis zwei Babys nach der Geburt ausgesetzt – manches Mal sogar wie Abfall in die Mülltonne geworfen. Nicht selten enden diese Aktionen mit dem Tod der Kinder. Ob das bewusst oder unbewusst in Kauf genommen wird, lässt sich nur klären, wenn man die Mutter ausfindig machen kann. Häufig ist das aber nicht der Fall. Vieles rund um die Geburt dieser Findelkinder bleibt für immer im Dunkeln."

Am Schauplatz: Weggelegt vom 29.04.2021 um 21:05 Uhr – ORF-TVthek

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Wer sich für das Thema Babyfenster interessiert, die SHMK (Schweiz) hat interessante Beiträge auf dieser Seite: Babyfenster Schweiz – ein Hilfsangebot rund um die Uhr

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Anonym geborene Kinder: Wissen über biologische Mutter verbessert Beziehungen in der Adoptivfamilie | Medizinische Universität Wien, 06.05.2021 (ots.at)

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