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Bild: Die Welt, 17.2.2021
Zwei britische Krankenhäuser empfehlen alternative Begriffe für Mutterschaft.
Die Welt 17.02.2021 von Anna Parrisius
Zwei Krankenhäuser empfehlen, neben „Muttermilch“ auch den Begriff „menschliche Milch“ zu verwenden.
Sie raten, neben „Muttermilch“ von „menschlicher Milch“ und neben „Mutter“ alternativ von „gebärendem Elternteil“ zu sprechen. So sollen Transmänner inkludiert werden. Es gehe jedoch nicht darum, die Begriffe vollständig zu ersetzen.
In Großbritannien wollen zwei Krankenhäuser als erste im Vereinigten Königreich geschlechtergerechte Begriffe in die interne Kommunikation sowie bei Besprechungen auf den Entbindungsstationen mit aufnehmen. So soll nicht länger nur von „breastfeeding“ die Rede sein, was sich auf Frauen beziehe, sondern daneben der Begriff „chestfeeding“ für Transmänner, die ein Kind kriegen etabliert werden. Neben „breast milk“ („Muttermilch“) empfiehlt das Krankenhaus nun auch den Begriff „human milk“ („menschliche Milch“).
Auch für die Bezeichnung der Elternteile werden Alternativen vorgeschlagen. So solle – ins Deutsche übersetzt – neben den Begriff „Mutter“ der neue Begriff „gebärender Elternteil“ sowie neben „Vater“ die Bezeichnung „zweiter biologischer Elternteil“ treten.
Die Krankenhäuser listen die neuen Begrifflichkeiten in einem Dokument auf ihrer Internetseite auf. Sie wollen damit Herausforderungen anerkennen, die die Geschlechtsidentität bei Schwangerschaft, Geburt und Ernährung mit sich bringen könne, wie die BBC berichtet.
Die herkömmlichen Wörter sollen nicht ersetzt werden. Die neuen Bezeichnungen sollen in der Kommunikation und der Dokumentation der Entbindungsstationen der Kliniken jedoch nur im Einzelfall verwendet werden, wenn die Geschlechtsidentität eines Patienten dies erfordere. Begriffe wie „Muttermilch“, „Mutter“ oder „Vater“ sollen also nicht kategorisch ersetzt werden.
In einer Erklärung der Krankenhäuser heißt es dazu, dass durch die Verwendung zusätzlicher geschlechtsneutraler Begriffe vielmehr sichergestellt werden solle, dass sich künftig jeder Patient repräsentiert und einbezogen fühle. Die Abteilung für Entbindungen schrieb auf Twitter: „Unser Ansatz wurde sorgfältig überlegt, um trans- und nicht-binäre gebärende Menschen einzubeziehen, ohne die Sprache von Frauen oder Mutterschaft auszuschließen.“
Wie die BBC berichtet, erreichten den Krankenhausverbund nach mehreren irreführenden Berichten und Informationen in den sozialen Medien jedoch heftige Gegenreaktionen.
Auf Twitter wurde die Entscheidung der Kliniken gar als „frauenfeindlich“ bezeichnet, von einer „Auslöschung von Frauen“ war die Rede.
Die leitende Krankenschwester Carolyn Morrice sagte dem Sender, Hintergrund der Entscheidung des Klinikverbundes sei, dass sie von Patienten immer wieder um eine inklusivere Sprache gebeten worden seien. Ziel der Kliniken sei es, dass jeder, der ihre Dienste in Anspruch nehme, auch eine persönlich auf ihn zugeschnittene Pflege erhalte. Dazu gehöre eine inklusive Ansprache.
Auch an Australiens führender Universität, der Australian National University in der Hauptstadt Canberra, wird über geschlechtergerechte Kommunikation diskutiert. Mitarbeiter des Gender-Instituts aktualisierten jüngst einen Leitfaden, der sich an Studierende und Lehrende richtet und der sich bei seinen Empfehlungen auf wissenschaftliche Untersuchungen bezieht. Die Universität führt nun ähnliche Begriffe an wie die britische Entbindungsabteilung. Anders als im britischen Fall lautet die Empfehlung des Handbuchs jedoch, die Begriffe tatsächlich zu ersetzen, wie die australische Nachrichtenplattform news.com.au berichtet.
Demnach solle besser von „menschlicher Milch“ statt von „Muttermilch“ sowie vom „gebärendem Elternteil“ statt von „Mutter“ gesprochen werden. „Väter“ seien besser als „nichtgebärende Eltern“ zu bezeichnen, so die Empfehlung.
Zwar identifizierten sich viele Studierende als „Mütter“ oder „Väter“, es brauche jedoch Begriffe zur Elternschaft, die jene Menschen einschlössen, die sich nicht mit einem binären Geschlecht identifizierten. Bei seinen Empfehlungen verweist das Handbuch auf eine Studie von 2019, die bestätige, dass Betroffene durch eine nicht inklusive Sprache isoliert und geschädigt werden könnten.
Zum einen sollten Studierende der Universität auf ein inklusives Verhalten in der späteren klinischen Praxis vorbereitet werden. Zum anderen wird empfohlen, dass Lehrende, die mit studierenden Eltern in Kontakt kämen, diese zunächst mit den genderneutralen Begriffen ansprechen sollten, bis die Angesprochenen ihnen eine bevorzugte Ansprache mitteilten.
Eine Sprecherin der Universität betonte in einer Erklärung, dass das Handbuch nicht die offizielle Politik der Universität wiedergebe und keine offizielle Vorschrift für Mitarbeiter und Studenten sei. Allerdings haben manche Institute, darunter die Fakultät für Medizin, bereits bekundet, dass sie künftig geschlechterspezifisch kommunizieren wollen. Ihren Mitarbeitern wollen sie zudem Schulungen dazu anbieten.
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